Zum Inhalt springen →

Kategorie: BLOGBuchstaben

Freiheit ist nicht kostenlos

Das automatische Schreibprogramm von GoogleLabs sagt  zu  „Freedom is“:

Freedom is not free.

Jetzt ist nur die Frage, was Google darunter versteht…

PS: Wenn man das Spielchen weitertreibt und den Quatsch dann von Google ins Deutsche übersetzen lässt, kommt das bei raus:

Freiheit ist nicht kostenlos von der Adobe-Website, um den Agenten und dergleichen sind nicht erlaubt, einen beliebigen Teil der Link-Code zu ändern oder das Layout ändern oder Targeting aus irgendeinem Grund.

Dresden

Ich war über das vergangene Wochenende das zweite Mal in Dresden. Während ich beim ersten Besuch von der Stadt beeindruckt war und die Reden eines Freundes, der sich mit der Stadt nicht hat anfreunden können, für nicht zutreffend erklärte, bin ich dieses Mal mit meinem Eindruck etwas skeptischer. Das Stadtzentrum teilt sich im Wesentlichen in Neustadt (nördlich der Elbe) und Altstadt (südlich). Die Altstadt ist wegen der Bombenangriffe im 2. Weltkrieg jünger als die Neustadt. Ich habe mich diesmal hauptsächlich in der Altstadt aufgehalten, sie ist touristisch überbevölkert. In der Neustadt war ich bei meinem ersten Besuch, da spielt sich wohl das wahre Leben ab. Samstag nachts um 12h in einem vollen Dönerladen zu sitzen mit einer losen Menschenmenge auf der kopfsteinbeflasterten Straße davor kriegt nicht jedes Stadtgebiet hin. Die Altstadt jedoch wirkt sehr inszeniert und vermag vielleicht mit musealen Veranstaltungen glänzen, aber sowohl die alten (neu aufgebauten) Gebäude, wie alles um den Zwinger und die Frauenkirche, als auch die sich südlich an den Altmarkt anschließende Fußgängerzone lassen kaum Raum für Individuelles. Nur ganz vereinzelt waren da Läden, die nicht vor Geld zu strotzen schienen. Interessanterweise waren dort um die Ecke (neben dem Beate-Uhse-Laden) Innenhöfe von Wohnbauten, die, wenn sie nicht fragmentiert wären, dicht an die Bezeichnung sozialer Brennpunkt herankommen könnten. Die DDR-Architektur an sich ist nach meinem Empfinden in die Altstadt eingepropft, dass daraus jetzt Hotels gemacht wurden, wirkt sich nicht auf den Charme der Stadt aus. Aus Einheit wurde nicht Vielfalt. Aber wie gesagt, vielleicht war ich zu viel in der neuen Altstadt unterwegs…

Ein netter Abend in Berlin

Wollte nur mal eben ein paar Bilder online stellen von einem netten Abend an der Spree in einer Freiluftbar namens Kiki Blofeld. War da letztes Jahr schon mal, leider haben sie die Paletten durch Mini-Liegestühle ersetzt, was vielleicht ein bisschen bequemer ist, aber doch ein wenig Handmade-Flair einbüßt, der mir so gut gefallen hatte. Na egal, es war trotzdem ganz cool, obwohl ich nicht ein einziges Mal open Air gekickert habe…

Kronleuchter, Spree, Spree2, Dunkel, Dunkel2, Spreedunkel, Spreedunkel2, Spreesepia, Spreesepia2

Ich gebe zu, dass ich einfach nur mit meinem Handy rumgepspielt habe, aber damit ich mir mal ein bisschen mehr wie ein richtiger Blogger vorkomme, wollte ich die Fotos niemandem vorenthalten…

Alte Bekanntschaften

Gestern nach dem Schreiben eines Blogeintrags bin ich durch wenige Berliner Straßen flaniert, um mich zu bewegen, mir etwas Zeit zum vereinbarten Sudanesen-Döner-Termin zu vertreiben und die ein oder andere Info abzugreifen, in welchen letzten Zügen Deutschland beim Spiel gegen Bosnien wars glaube wohl liegen mochte. Ich hatte mir gerade in einem ausufernden Anfall überbordender Dekadenz ein Eis gekauft und lief von der Markthalle, einem kleinen Laden, zu groß, um sich Kiosk zu nennen, aber speziell genug, um spät abends noch locker geöffnet zu haben, den Bürgersteig weiter, als mein Blick in einer dieser Wohnzimmerkneipen auf einem ebenso wie ich verdutzt dreinschauenden Gesicht hängen blieb. Meine Trägheit ging noch ein paar Schritte weiter, sodass ich das Gesicht wieder aus den Augen verlor. Ich stoppte, ging zurück und vergewisserte mich, dass ich dort einen alten Gießener Bekannten sitzen sah, von dem ich wusste, dass er sich vor fünf oder sechs Jahren nach Berlin aufgemacht hatte. Er war die Sorte Bekanntschaft, die man nicht gut genug kennt, um ihn einen Freund zu nennen, wenn man sich aber mal trifft, immer nette und auch persönliche Gespräche bei rauskommen. So hatte ich ihn ein Jahr, nachdem er nach Berlin gegangen war, in Gießen mal wieder getroffen und er hatte mich auf meine Frage, wie es ihm in Berlin ginge, mit der Antwort beeindruckt: „Egal wo, die Leute haben die gleichen Probleme.“ Diese Lebensweisheit nahm ich mir von da an mit, auch wenn ich vorher schon geahnt haben mochte, dass ich nicht extra in die Hauptstadt ziehen muss, um die Gerechtigkeit in der Welt in Frage zu stellen. … Ich trat in das gastfreundliche Wohnzimmer ein, wo wir uns herzlich begrüßten, ein Tannenzäpfle tranken und den Rest vom Fußballspiel in der Runde seiner Freunde anschauten. Auf die Frage, wie es ihm hier gehe und was er so mache, erzählte er mir, dass er froh über den Entschluss sei, damals aus Gießen weggegangen zu sein, denn dort seien schon viele Bauern gewesen und er habe als kleiner Türke dort keinen guten Stand gehabt. Sicherlich eine akzeptable Wahrheit, war mir aber dann doch ein leichter Gegensatz zur Jahre zuvor formulierten Lebensweisheit. Er erzählte mir dann, dass er derzeit Heiler sei und als ich genauer nachfragte, fiel das Wort „Schamane„. Ich hoffe, er hat mir nicht übel genommen, dass ich lachen musste. Jedenfalls klang der weitere Plan, mit ein paar Freunden einen Laden namens ‚Lesehalle‘ zu eröffnen, interessant. Vielleicht meldet er sich heute noch mal bei mir zwecks Kaffeetreffen, dann kann er mir noch ein bisschen mehr über deren Konzept erzählen, was interessant klang, ich aber nach einem leckeren Erdnuss-Tofu-Döner vergessen habe. Jedenfalls lustig, wie sehr das Dorfgefühl mich bis nach Berlin begleitet.

Kompetenzdesorientierung

Neulich beim pädagogischen Tag an der Schule, der unter dem Motto „Unterrichtsentwicklung“ stand und sich schwer mit Kompetenzen und Bildungsstandards befasste, lauschte ich mit meinem Kollegium einem nicht schlechten, wenngleich auch nicht guten, Vortrag über Kompetenzorientierung. So richtig neu war mir aus alledem nichts, lustig fand ich nur, wie der Herr vom IQ Hessen es geschafft hat, elegant zu verschleiern, dass Hessen mal wieder einen Sonderweg bundesweit zu nehmen versucht, indem andere Kompetenzbegriffe als die bundesweiten Termini benutzt werden sollen – zumindest in Geographie ist das geplant. Dumm ist, dass es dabei nicht nur um Begriffe sondern auch um Inhalte geht und die geographieeigene Kompetenz „Räumliche Orientierung“ nicht weiter auftaucht, was dem ohnehin schon wenig angesehenen Fach weiter die Bedeutung streitig macht. Jedenfalls ersparte ich mir, dem IQ-Mann und dem Kollegium diese und andere Kritik nach Beendigung seines Vortrags, um anderen das fragende Wort zu überlassen. Und so stand auch gleich ein Kollege mit einer wichtigen Frage auf, bevor er die jedoch stellte, wollte er sich absichern und bat den IQ-Mann, kompetenzorientiert eben noch mal schnell Folie 10 der PowerPointPräsentation aufzurufen. Was dann passierte, war spektakulär: Ohne zu übertreiben, es dauerte etwa vier Minuten, bis es dem Vortragenden gelang, die gewünschte Folie aufzurufen. Mit Spannung verfolgten wir die kläglichen Mausgesten auf den beiden Leinwänden und jedesmal, wenn der Zeiger deutlich Folie 10 verfehlte oder einen Rechts- statt Linksklick vollzog, ging ein mitleidiges Raunen durch den Raum. Ganz großes Tennis. Nachdem IQ-Man es dann unter anweisender Hilfe des stellvertretenden Schulleiters geschafft hatte, die Folie im Programm auf der Bearbeitungsebene sichtbar zu machen, ahnte ich das nächste Unheil kommen: Er startete die Bildschirmpräsentation und schwupps waren wir wieder auf der ersten Folie… Irgendwann waren dann die besagten vier Minuten um und Folie 10 präsentationsbereit. Was der Kollege diesbezüglich überhaupt fragen wollte, hab ich dann vergessen, aber das kompetendesorientierte Spektakel rund um PowerPoint wird wohl noch ne Weile in meinem Gedächtnis bleiben. Macht das IQ ja auch nur sympathisch.

PS: Lehrer sind wie Schüler, wird mir immer wieder in solchen Situationen, wenn alle im „Klassenverband“ auf einem Haufen sitzen und Tuscheln, Mathearbeiten korrigieren oder sich über Kollegen austauschen immer wieder bewusst. Zu dieser Erkenntnis braucht es nicht Freires Pädagogik der Unterdrückten und den dort geprägten Begriff des Schüler-Lehrers bzw. Lehrer-Schülers.

Wie ich mein 2°-Ziel verfehlte

Ich sitze grade in einem Bistro in Berlin, wo ich zurzeit einen Freund besuche, der am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) arbeitet. Das Wetter ist bombig und so genieße ich die letzte Sonne bei einem frischen Pfefferminztee. Eigentlich war der Plan gewesen, heute um 14.00h zu einem Vortrag von Lutz Wicke mit dem Titel Nach Kopenhagen: Neue Strategie zur Realisierung des 2°max-Klimazieles zu gehen:

Wollen Deutschland und die Europäische Union ihr Klimaziel nicht verloren geben, dann bedarf es der schnellen Entwicklung und Durchsetzung einer wirksameren und gerechteren Klimaschutzstrategie. Denn die Fortsetzung der derzeitigen, wenig strukturierten und effektiven Strategie birgt große Langfristrisiken für Mensch und Natur in sich. Außerdem müssen gravierende Konstruktionsfehler im bestehenden Weltklimaschutzsystem durch strukturelle Weiterentwicklungen im Sinne der wichtigsten Vereinbarungen im „Copenhagen Accord“ beseitigt werden. Die 2°max-Strategie ist ein ausgearbeiteter Vorschlag für eine künftige Weltklimaschutzarchitektur, welche die unterschiedliche Interessenlage wichtiger internationaler Akteure explizit berücksichtigt.

Prof. Dr. Lutz Wicke: Direktor des Instituts für Umweltmanagement an der Wirtschaftshochschule ESCP Europe. Der ehemalige Wissenschaftliche Direktor am Umweltbundesamt arbeitet seit Jahren an einem durchsetzbaren und effektiven Weltklimaschutzsystem. Als Umweltstaatssekretär war er auch politisch-praktisch für den Klimaschutz tätig.

Um rechtzeitig dort zu sein, hab ich mir tatsächlich den Wecker 7.00h gestellt, um mit Staus und Suchen genügend Zeit für die Fahrt mit dem Auto von Gießen nach Potsdam einzuplanen. Ich bin dann auch tatsächlich schon um kurz nach neun losgefahren. Auf der A4 geriet ich in einen Stau erster Ordnung, als ich dann von der Autobahn abfuhr auch gleich in einen zweiter Ordnung. Aber ein Beinahefeldweg sorgte dafür, dass mein Zeitmanagement nicht ein totales Desaster zu werden drohte. Nun musste ich aber ein wenig aufs Gas treten, um noch pünktlich um zwei in Potsdam anzukommen. Ums kurz zu machen: Ich habs nicht rechtzeitig geschafft und die Spitzengeschwindigkeiten von ~180km/h (Tacho) sorgten dafür, dass ich nicht nur den Vortrag über die neuen Strategien zum Erreichen des 2°-Ziels verpasste, sondern auch nicht unerheblich zum vermutlichen Verfehlen desselbigen beitrug…

Jedenfalls solls morgen noch nen klimatisch günstigen Tag fürs Draußensitzen geben, mal sehen, ob ich noch ein bisschen fletzen kann. Schließlich war das Autofahren ziemlich anstrengend, von Potsdam nach Berlin hats übrigens zwei Stunden Stop’n’Go gedauert.

Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen

Ich war ja Donnerstag schon wieder im Kino in Lich in der beeindruckenden Dokumentation „Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen„. War sehr interessant, einen Einblick in das konfessionelle Leben der Grabeskirche zu erhalten. Krass fand ich, wie sehr die Konflikte zwischen den christlichen Konfessionen dort unausgesprochen vorhanden sind und sich selten dann auch in Gewalt entladen, wenn Feiertage und damit verbunden Prozessionen von den Kirchen zeitgleich stattfinden. Besonders erwähnenswert war ein Wortbeitrag eines Franziskaners, der in etwa lautete: „Nach dem Willen von Jesus soll es nur eine Kirche geben und nicht viele verschiedene. – Und diese eine Kirche sehe ich nur in der römisch-katholischen Kirche verwirklicht.“ Das ist die kategorische Verbortheit, die eine ehrliche Ökumene sehr schwierig macht. Und damit meine ich nicht das gemeinsame Feiern von Ritualen, sondern das ehrliche Akzeptieren des Anderen in seiner Andersartigkeit. Dazu ist der Dialog wesentliche Bedingung. Wobei ich ja glaube, dass der Mangel an ehrlicher Auseinandersetzung kein konfessionelles oder religiöses Problem ist, sondern ein menschliches.

Schalke: ein Selbstversuch

Neulich in der Kaffeerunde erblickte ich ein Handy-Hintergrundbild, das irgendwie schlecht Schalke04 zu huldigen schien. Beim weiteren Gespräch entstand die Idee, ein ähnliches, aber schlechteres Bild mal im Deutschunterricht als Bildimpuls zum kreativen Schreiben zu verwenden: Schalkedelfine. Bevor ich das wirklich umsetzen sollte, wollte ich es aber mal selbst ausprobieren. Herausgekommen ist ein schlechter Text:

Wir schreiben das Jahr 2104. Delfi, Thuni und Gelsi haben die Schnautze voll vom blauen Planteten. Schließlich haben sie die Bewohner schon lange ertragen müssen. Vieles haben sie mit sich machen lassen, ohne sich zu beschweren: Den Kollateralschaden bei der Thunfischjagd, dem viele ihrer Verwandten und Bekannten zum Opfer gefallen sind, die schwarze Pest, die immer wieder ihren Lebensraum inklusive ihrer Nahrung verölen lässt, und schließlich den ganzen Lärm, den die hysterischen Buckelwale veranstalten, wenn mal wieder eines dieser U-Boote durch die Ruhe plärrt. Aber was jetzt passiert ist, ist eindeutig zu viel. Eigentlich fanden die drei es ja ganz praktisch, dass mit den ganzen Klimawandelleugnern die Grundlage für die Ausweitung ihres Lebensraums geschaffen wurde. Aber wer konnte schon ahnen, dass damit auch das menschengemachte Kontinuum aus den Fugen gerät, die Naturkonstanten ad absurdum geführt werden? Niemand hat es vorausgesehen und doch ist es passiert: Schalke04 ist Wasserballmeister geworden. – So long, and thanks for the fish!

Fühlt euch frei, eigene kreative Texte zum Bild in den Kommentaren zu veröffentlichen. Vielleicht können mich eure Ergebnisse überzeugen, das Schalke-Bild im Unterricht zu benutzen…

Antarifa

Neulich im Elektromarkt, ich stand an der Kasse, da präsentierte sich mir auf Augenhöhe ein kleiner Verkaufsständer. Daran hingen alle möglichen Buttons, die irgendwie politisch oder subkulturell angehaucht waren, aber doch deutlich nur Beiwerk sein wollten. Ich staunte nicht blöd, als ich mir einen Ataributton näher anschaute: Unter dem Firmenlogo stand nämlich nicht Atari sondern Antifa. Interessant ist, dass die Firma Atari, die sich auf Videospiele spezialisiert hat, eine (kurze) Geschichte hat, mit der ein gewisser Kultstatus verbunden ist. Der Bezug zu antifaschistischem Engagement, über dessen Art man zweifelsohne streiten sollte, wurde mir allerdings in der Schlange stehend nicht so ganz klar. Stattdessen lärmte in meinem Ohr eine Zeile aus einem „But Alive“-Song: „Die allergrößte Scheiße heißt: unpolitisch.“ Aber zum Glück ist Kult ja immer schick. Und so ein witziger Button hat ja auch was. Wenn schon keine Aussage, dann doch wenigstens Style. Ob sich der Schwarze Block wohl Message-Buttons bei Media-Markt kauft, bevors auf die G8-Demo geht?

District 9

Hab gestern den viel gelobten Film District 9 gesehen. Das Einzige, was mir gefallen hat, war, dass die Apartheid und die damit verbunden Zwangsumsiedlung von Schwarzen thematisiert wurde. Darüber hinaus war die Geschichte doch irgendwie schwach. Die Hauptfigur (der Mutant) war wenig nachvollziehbar, weil er zunächst feige und opportunistisch, dann mutig und entschlossen (bei der Stürmung der MNU-Zentrale) und dann wieder feige, als er seinen Alien-Freund im Stich lässt und dann wieder doch nicht, weil er sich für das Gute entscheidet und bereit ist, heldenhaft zu sterben. Die Einsicht des Charakters, wie richtiges Handeln ausschaut, findet also zwei Mal statt und das ist doch wenig glaubwürdig. Abgesehen davon war die Kamera zu Beginn im Live-Doku-Style, später dann immer noch ein bisschen, ohne dass es eine Dokumentation sein konnte. Und schließlich macht es keinen Sinn, dass die Aliens einersteits ein bisschen als führungsloser Arbeiterstaat – wie Ameisen oder Bienen, nur eben ohne Schwarmintelligenz – dargestellt werden, (vermutlich um die Selbstaufgabe im Slum-Leben und die Nichtbenutzung der Alien-Waffen zu rechtfertigen,) andererseits aber individuelle Charaktere sein sollen, die alles für ihren Nachwuchs tun und über einen langen Zeitraum an einem Fluchtplan tüfteln.

Aber vielleicht war ich auch nach bestandenem 2. Staatsexamen einfach nicht in Stimmung, einen Dystopie-Film zu schauen.

Im Schwitzkasten des Zeitdrucks

Neulich wurde auf dem Geburtstag meines Vaters ein Gespräch über die schwierigen Bedingungen, unter denen Lieferfahrer arbeiten müssen, geführt. Vor allen Dingen der Zeitdruck könne dabei an so manchem Nervenkostüm nagen, so der Einblick von Betroffenen. Durch das Gespräch fühlte ich mich an einen Vorfall erinnert, in den ich vor ein bis zwei Jahren verwickelt war:

Innehalten ohne Wachstumsangst

Das Gezeter um die Aschewolke des isländischen Vulkanausbruchs hat gezeigt, dass unsere Gesellschaft kaum in der Lage ist, einfach mal eine Pause zu machen. Das liegt wohl an einer für viele selbstverständliche Wachstumsmaxime (China), die das Denken auch sehr unbewusst bestimmen kann. Dabei darf man mit Sicherheit die Frage stellen, ob das Wachsen tatsächlich die sinnvolle Art von Fortschritt ist. Wohlstand ohne Wachstum, so lautet ein lesenswerter  Spiegel-Artikel über eine wirtschaftlich alternative Denkweise.

Der Presseclub, den ich gerade schaue, redet über die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen zur Stützung der griechischen Wirtschaft. Und so richtig ausgestanden ist die Finanz- und Wirtschaftskrise der jungen Zeit ja auch noch nicht. In diesem Zusammenhang ist im Rahmen einer grundsätzlichen Kapitalismuskritik immer wieder von Gier die Rede. Ich finde dabei weniger die Gier entscheidend, weil ich glaube, dass dahinter eher eine unscheinbare Angst steht, nicht hintenanstehen zu wollen – bedingt durch ein Konkurrenzdenken, das nur Wachstum als Maßstab kennt.

Mein Fazit aus der „Vulkankrise“ ist weitreichender: Stillstand ist Rückschritt? Innehalten wäre ein Anfang.

Die Kunst, ein Opfer der Kunst

Beim Leesen eines Artikels auf zeit.de bin ich auf Jonathan Meese aufmerksam gemacht worden, bei dem ich zunächst an eine Vereinigung von Helge Schneider und Jonathan Davis denken musste. Seine Vision einer Diktatur der Kunst, in der es niemals Opfer gäbe, stellt er in einen Gegensatz zur „Menschenmachtsrealität“. Ich glaube aber, dass er das Kindische überhöht: Er küsst Heidegger lieber, als dass er ihn liest, kritzelt in Büchern rum und erklärt, es sei weder Assoziation noch Improvisation, was er tut… Wenn ichs recht begriffen habe, ist sein Leben für ihn ein andauerndes Spielen mit der Realität. Wenn man seiner Vision folgen würde, opferte man die Realität für die Diktatur der Kunst und aus „Alles ist Kunst“ würde dann ja logischerweise „Nichts ist Kunst“. Ich kann damit ja nicht so viel anfangen. Total wenig, um genau zu sein.

Brot

Beim Surfen habe ich gerade einen nettes Video gefunden: Making No-Knead Bread. Der Hinweis darauf fand sich auf indexhibit.org, klang auch ganz interessant, aber ich hab kein Linux installiert, also werde ich mit schmutzigen URLs leben müssen. Auf indexhibit.org bin ich gestoßen, weil ich auf dieser kleinen Seite ein amüsantes Schriftartensuchspiel gestartet habe. (Das hat mich schwer an Prokrastination erinnert.) Hingeführt wurde ich von typophile.com. Dort war ich wegen eines Forenhinweises zu einem Telepolis-Artikel: Digital ist besser – oder doch nicht? Geklickt hab ich auf den Artikel, weil mich das Thema rund um die Zukunft des Buches sehr interessiert. Was das Ganze mit Brot nunmehr zu tun hat, weiß ich auch nicht, außer dass die Verknüpfungen selbst in Zukunft vielleicht die inhaltlich sinngebenden Zusammenhänge darstellen werden: As We May Think.

Reale Virtualität

Wollte nur mal eben schnell auf das schon seit Wochen durchs Netz schwirrende Aufklärungs-Video, veröffentlicht von WikiLeaks.org, Bezug nehmen: Collateral Murder. Wenngleich ich ohne Frage zustimme, dass unabhängige Medien wichtig sind, so will ich doch darauf hinweisen, was ich vor über einem Jahr bezüglich Call of Duty 4 geschrieben habe:

Die Grenzen zwischen virtuell und real verschwimmen, wenn die einzige Unterscheidungsmöglichkeit die Quelle wird, woher wir die Bilder empfangen.

WikiLeaks funktioniert ja nur dadurch, dass die Informanten anonym bleiben, wie man im Disclaimer nachlesen kann. Das ist ja nicht nur gut sondern auch notwendig für einen Journalismus, der eine Alternative zu den etablierten und womöglich schon zu sehr eingeschliffenen Medien sein will. Allerdings bleibt dann die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Quelle unbeantwortbar, es sei denn, man begnügt sich mit WikiLeaks als Quelle der Glaubwürdigkeit. Es wird eben nur dann gefährlich, wenn man die Informationen nicht eindeutig als virtuell oder real bestimmen kann.

Die Kunst des Ausklangs

Nachdem ich vor Kurzem erst seit Langem mal wieder im Kino war, bin ich vor noch Kürzerem noch mal wieder hingegangen. Diesmal nicht nach Lich sondern ins Gießener Kinocenter, da lief am Montag Abend Programmkino. Genauer gesagt lief „Die Kunst des Ausklangs„. Ein japanischer Film, der sich mit den japanischen Bestattungsritualen auseinandersetzt. Diese Filmkritik hab ich dazu gefunden:

„Nokan – Die Kunst des Ausklangs“ ragt in genau einer Hinsicht heraus: In der filmischen Darstellung eines traditionellen japanischen Bestattungsrituals.  […] Abgesehen von dem originellen und genauen Blick auf die Rituale um Tod und Trauer bewegt sich die Geschichte auf ausgetretenen Pfaden. […] Mit Abstand am schwächsten ist „Nokan – Die Kunst des Ausklangs“ allerdings immer dann, wenn er witzig sein soll. Die Pointen wirken gesucht, die Erzählweise verkrampft und Masahiro Motoki als Daigo grimassiert als wäre er zwei Rupert Grints. (nachlesen auf filmstart.de)

Ich stimme dem weitestgehend zu, finde aber, dass man die Sache mit dem schlecht dargestellten humoristischen Sezenen relativieren muss. Im ganzen Film hatte ich den Eindruck, dass alles, was irgendwie an emotionalen Regungen dargestellt wird, völlig übertrieben unnatürlich ist. Ich vermute, dass das was mit japanischer Erzähltradition zu tun hat:

Synästhetische Übertragungen sind ein poetisches Stilmittel, wie sie häufig in japanischen Gedichten, insbesondere im haiku zu finden sind. Sie sind jedoch auch wichtig in der Text-Bildrelation, etwa den so genannten Bildrollen (emakimono), oder sie dienen der Konstruktion von emotionalen Bildern, etwa in der von Musik begleiteten biwa-hôshi-Erzähltradition. (nachlesen auf gjf.de)

Aber ich weiß es nicht.

BookCrossing

Gestern Mittag habe ich mich bei strahlendem Sonnenschein auf die Promenade vorm Uni Hauptgebäude gefletzt, um ein wenig in der Öffentlichkeit zu lesen. Als ich wieder genügend Unruhe in mir hatte, stand ich von der Bank auf und wollte gerade zu meinem Fahrrad, als ich unweit von mir in einer Klarsichtplastiktüte ein Buch entdeckte: „Der Ausbrecher“ von George Simenon. Auf dem Buch klebte ein Zettel, der einen einlud, das Buch mitzunehmen, zu lesen und auf ähnliche Weise an einer anderen öffentlichen Stelle zu hinterlassen. BookCrossing nennt sich das Projekt. So kann man denn auch auf der Seite etwas über denjenigen erfahren, der das Buch hinterlassen hat, wenn man selbst oder derjenige es denn will. Oder aber man hinterlässt selbst eine Makierung, wo man das Buch gefunden und wieder freigesetzt hat. Ich musste bei dieser Idee irgendwie sofort an ‚Geocashing‚ denken. Das ist ja irgendwie das Gleiche nur umgedreht: Beim Geocaching steht das Suchen im Vordergrund, bei BookCrossing das Finden. Aber bei beidem gibt es ein Interesse daran, dass man das Such- bzw. Finde-Erlebnis mit anderen via Internetplattform ungezwungen teilt.

Jedenfalls finde ich die Idee nett und da ich Freitag in der Schule eine exemplarische Buchvorstellung machen möchte, scheint sich das geradezu anzubieten.

The Beggar’s Opera

Gestern habe ich ein Theaterstück besucht: The Beggar’s Opera. Das Stück von John Gay war wirklich gut, das Publikum war von Anfang eingebunden; schon bevor es eigentlich los ging, hat es so ein Bettler tatsächlich geschafft, mir ein Hintergrundheft für 3 „Schilling“ aufzuschwatzen, alles auf Englisch – das Aufschwatzen meine ich, das Heft war in Deutsch verfasst und da die ganze Veranstaltung aus studentischen Seminaren hervorging, waren diese Beiträge quasi so etwas wie Hausarbeiten. (Der Bettler war übrigens einer der Seminarleiter und ist ein guter Freund von mir.)  Das Heft war dann tatsächlich auch sehr informativ, schließlich ist der Hintergrund mit der so genannten Südseeblase, einer der ersten Börsencrashs, wichtig, um die Handlung einordnen zu können. Brechts Dreigroschenoper nahm The Beggar’s Opera übrigens als Vorlage und passend dazu folgte im Jahr nach der Uraufführung dann mit dem Schwarzen Donnerstag eine Art Wiederholung der Geschichte. Im eigentlichen Stück, das muss ich zugeben, habe ich übrigens nur die Hälfte gefühlt verstanden, von dem alten, stellenweise deutschakzentuierten Englisch, das die Schauspieler beherrschten. Und langsam war ich auch noch. Das ist dann immer doof, wenn man über nen Witz lacht, wenn das Stück schon fünf Sätze weiter ist…. Aber so manch anderem im Publikum gings genauso.

PS: Nachher hat mich dann der Bettler auf einen Falafel eingeladen.

Die Fremde

Ich komme gerade aus einem guten Film: Die Fremde. (Gesehen im Traumstern-Kino in Lich, das ich seit etwa fünf Jahren irgendwie vergessen habe.) Neben den durchweg überzeugenden Schauspielern – sogar der kleine Junge hat mich überzeugt, wenngleich manche seiner Wortbeiträge schon sehr gewählt waren – hat mir besonders die Musik gefallen. Aber es ist natürlich klar, dass die Sache mit der Ehre kein allein türkisches Problem ist. Trotzdem hatte man einen das Gefühl, eine ehrliche Geschichte zu erleben.

Für mich auf jeden Fall Grund genug, öfter ins Traumstern-Kino zu gehen. Außerdem haben die da ein tolles afrikanisches Restauraunt dran angeschlossen…

Kaffeefahrt zur Qualitätsentwicklung: „I needs a beer“

Gestern war ich in Frankfurt beim dortigen Amt für Lehrerbildung, um an einer Testleiterschulung im Rahmen des Instituts für Qualitätsentwicklung teilzunehmen. War an sich auch ganz spannend, bis auf die Schulung. – Geht halt letztlich um Statistik: Objektivität, Validität, Reliabilität. Das Ziel davon ist es, den Schulen Tests zur Verfügung zu stellen, deren Ergebnisse als  nationaler bzw. landesweiter Leistungsvergleich der schulinternen Evaluation dienen sollen. Dahinter steckt der meiner Ansicht nach alte Irrtum, dass Bildung messbar bzw. objektivierbar sei. Nicht, dass keine Bildungsstatisitk Wert besitze, aber ich erachte es als gefährlich, ein Instrument zu entwickeln, das behauptet, endlich objektiv, sprich: „wahrhaft“, einen wie auch immer gearteten Leistungsstand darzustellen. Letztlich ist das die gleiche Diskussion, die sich auch um die Zensuren dreht.

Was dann noch mehr Unmut in mir hervorrief, waren die Kartons mit Testmaterialien, die wir je nach Anzahl unserer Schulbesuche in die Hand gedrückt bekamen. Die konnten wir in vom IQ organisierte REWE-Tüten stecken, sodass wir wie Kaffeefahrtteilnehmer im vollbesetzten Zug aus Frankfurt wegfuhren. Fünf Personen mit 10 Rewetüten belagern sieben Plätze (die Kartons passten nicht in die Gepäckablage). Ich will nicht wissen, was die Leute über unsere Herkunft gedacht haben – dass wir es nötig haben, nach Frankfurt zum Rewe einkaufen zu fahren…

Auf der Fahrt saß ich mit einer Freundin auf einem vollgepackten Viererplatz, als eine Frau mit einer Gruppe Reisender ankam. Sie befahl ihren Begleitern, wo sie sich hinsetzen sollten. Alle wirkten ein bisschen – ich weiß jetzt nicht, wie ich es ausdrücken soll – prekär/bildungsfern/heruntergekommen. (Bei dem Herrn, den sie in unseren Viererplatz plazierte, nachdem wir unsere Kartons auf einen Platz gestapelt hatten, bekam ich nach kurzer Zeit extreme Lust auf alten Käse.) Die dominante Dame, die mich ein bisschen an das Klischee einer älteren Zigeunerin erinnerte, fragte dann unseren neuen Reisebegleiter, während sie ihn hinsetzte, wo er denn herkäme, sie würde einen arabischen oder persischen Hintergrund vermuten. Er kuckte nur ein bisschen komisch und sagte, dass er aus Deutschland komme (Rüsselsheim, wie ich im späteren Gespräch mit ihm erfahren konnte). Die Dame erklärte ihm, dass ihr eigener Freund aus Rumänien komme, das sei ein ganz ausgezeichneter Menschenschlag, und setzte sich zwei Reihen weiter auf ihren Platz. Ich konnte beobachten, wie sie nach kurzer Zeit asiatisches Essen auspackte, das mit seinen süß-sauren Soßen die ohnehin schon exotischen Gerüche im Wagon ergänzte. Sie aß aus einem viergeteilten Plastikteller, als ich mitbekam, wie sie den Preis ihrem Sitznachbarn vorrechnete: „1,60 das hier, 1,70 das und die beiden Soßen je 50 Cent. 3 Euro für einen ganzen Teller, da kann man nicht meckern!“ Ich verkniff einen Kommentar, der zwar vielleicht zu einer Qualitätsentwicklung hätte beitragen können, aber irgendwie fühlte ich mich mit meiner Rewetüten-Armada nicht sehr qualifiziert. Außerdem war ich sowieso vollkommen vereinnahmt von dem Telefongespräch, das der prekär plazierte Herr mir gegenüber mit seinem Schwager führte. Dabei fluchte er gar nicht arabisch oder persisch, sondern äußerte sich ziemlich auf Gutdeutsch. Er sprach auch ziemlich laut. Worum es ging, war mir nicht ganz klar, aber als ich ihn nach seinem Telefonat darauf hinwies, dass er ja ziemlich deutliche Worte gefunden habe, meinte er, das sei die einzige Sprache, die sein Schwager verstünde. Wir kamen ein wenig ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass er die Dame und deren Begleiter mitfahren ließ auf seinem Hessenticket. Die kannten sich also alle nicht. Als er dann eine Cola aus seinem Rucksack hervorkramte, erklärte er mir, dass er die brauche, weil er nicht so gerne Zug fahre. Das sei ihm zu eng und zu viele Leute und so. Das Problem konnte ich teilen. Was das Ganze mit Cola zu tun hatte, hab ich nicht verstanden. Er telefonierte schließlich noch ein paar mal, um irgendjemanden sein Fahrrad von irgendwo nach irgendwoanders bringen zu lassen, das aber so laut, dass Schallwellen und Geruchsmoleküle fortan ein Belästigungsduell miteinander führten. Nachdem er nach Beendigung eines Telefonats plötzlich aufstand und so für eine unerwartete Luftbewegung sorgte, konnte ich seufzend den Sieger ausmachen. Während er weg war, erfuhr ich dann durch arglistiges Belauschen der Zigeunerfrau – ich meine, vielmehr durch geschulte Beobachtungen als neuerlicher Testleiter zur Qualitätssicherung, dass sie dem Deutschen mit arabisch-persichem Hintergrund ganz und gar nicht traue und dass sie und ihr Begleiter sich vor ihm in Acht nehmen müssten. Als sie dann nach ihrem exotischem Mahl meinte „I needs a beer“ und ihr Begleiter ihren Wunsch erfüllte, war ich glaube das erste Mal in meinem Leben neidisch auf jemanden, der ein Bier aus einer PET-Flasche trinkt. Denn das hätte dieser absurden Zugfahrt wenigstens noch etwas Sinn verliehen.

Bildung mag zwar nicht messbar sein, aber im Zug war sie irgendwie fühlbar.

Doppelter Stempeltag

Nachdem ich Freitag im Scarabee und Samstag im MuK war, ist heute ein gleich doppelter Stempeltag. Ein Freund meinte, dass ich, nachdem ich die letzten zwei Wochen intensiv an meiner Examensarbeit gearbeitet hätte, ich mich nun mindestens ebenso intensiv und lange vergnügen könne. (Er selbst war auf Dienstreise in Gießen.) Trotzdem fühle ich mich heute nach ein bis zwei Wodkatonics (aber bitte ohne Zitrone!) doch recht ausvergnügt – Stempeltag halt. Aber es hat sich gelohnt, hab gestern ne ganz coole Band gesehen, die Instrumental-Musik gemacht hat: Increditunes. Leider haben sie keine Studioaufnahmen und somit keine CD, aber die MySpace-Seite ist auch für Außenstehende recht aufschlussreich. Besonders das Basssolo in Minute 5:35 des ersten Videos war auch gestern nicht schlecht:

Jedenfalls gehts jetzt erst mal Duschen, Stempel abmachen, und dann in die UB, arbeiten.

Brustschwimmer sind einfach benachteiligt

Am Mittwoch war ich Schwimmbad unterwegs, um dem Druck der noch zu schreibenden Examensarbeit auszuweichen – mein Gewissen nahms sportlich. Ich schwomm am Rand im Kraulstil, mir eine Bahn sichernd, friedlich vor mich hin, als plötzlich ein Mitfünfziger auf Ärger aus war. Das hab ich zunächst nicht erkannt. Man muss wissen, dass es gerade beim Kraulen am angenehmsten ist, wenn man einfach geradeaus schwimmen kann, da man nicht automatisch nach vorne schauen kann, sondern den Kopf nach oben streckend etwas unnatürlich verrenken muss, um einen Blick zu erhaschen. Nicht dass es unmöglich wäre oder extrem schwierig, es ist einfach auf Dauer belastend und ständig nach vorne schauen geht eh nur effektiv beim Brustschwimmen. Jedenfalls schwamm ich gerade an besagtem mittelaten Herrn vorbei, als der rüber zog auf „meine“ Bahn, mich dabei wohl übersehen hatte und mir brustschwimmenderweise vermutlich unabsichtlich mit der Hand ins Gesicht schlug. Das Wasser dämpfte den Schlag und es war nicht weiter schlimm, also schwimmte ich weiter. Als ich am Bahnende ankam und mich rumdrehte, sah ich noch, dass Herr Brustschwimmer mir meine Bahn streitig machen wollte – was ich doof fand. In der Hoffnung, dass er das nur noch nicht richtig bemerkt habe, schwamm ich weiter auf der Bahn. Im letzten Moment – man sieht beim Kraulen ohne besagte Kopfanstrengung geschätzte vier Meter weit nach vorne – wich ich ihm aus, er berührte mich mehrmals, was ich merkwürdig fand, aber da ich schwimmen wollte, schwamm ich weiter. Und da ich geradeaus schwimmen wollte, suchte ich mir ne andere Bahn in der Mitte. Nach weiteren 100 Metern am vorderen Beckenrand angekommen, maulte mich eine erboste Stimme an, kurz bevor ich wieder abtauchen wollte. Ich stoppte, schließlich hatte ich Wörter wie „Nötigung“, „Straßenverkehr“ und „Bademeister“ vernommen sowie einen Blick, der das Ganze auf mich bezog. Als der Brustschwimmer sich meiner Aufmerksamkeit gewiss war, fing er an, das noch mal in anderer Reihenfolge zu wiederholen, jetzt noch etwas mehr in Rage. Er habe mich vorhin mehrmals angesprochen (er meinte wohl die High-Noon-Situation auf der Außenbahn, wo ich ständig Wasser um meine Ohren hatte) und fände mein Verhalten eine Unmöglichkeit und wenn das noch mal vorkäme, werde er den Bademeister „einschalten“. Ich glaub, ich war auch sauer, aber mehr so aus emotionaler Reaktion, hab glaube aber nichts Schlimmes gesagt. Er wiederholte seinen Standpunkt und als mir das Ganze zu redundant wurde, sagte ich, dass ich einfach nur schwimmen möchte, er den Bademeister ruhig holen solle und ich mich jetzt verabschieden würde. Das war mir echt zu blöd, also schwomm ich weiter meine Bahnen, jetzt in der Mitte, direkt neben dem Brustschwimmer; die Außenbahn war übrigens von da an einsam mit sich selbst beschäftigt. Wegen der widrigen Störmungsverhältnisse hätte ich den Brustschwimmer übrigens später beinahe tatsächlich touchiert, aber irgendwie passierte nichts weiter. Unter Dusche dann trafen wir uns wieder und er wirkte in Angesicht meines wenig gestählten Körpers etwas irritiert, schließlich hatte er einen durchtrainierten und daher arroganten Schwimmer erwartet, vermute ich. Auf dem Parkplatz stiegen wir was zeitgleich in unsere nebeneinander geparkten Autos und ich dachte nur, dass ich nicht hinter ihm fahren wollte. Also beeilte ich mich und rammte dabei fast ein anderes Auto…

Schon krass, was bei so ein bisschen Schwimmen passieren kann. Ich glaube, dass der Herr Brustschwimmer schon morgens beim Aufstehen gedacht hat, er wolle heute ins Schwimmbad, um ein bisschen Krawall zu suchen. Anders kann ich mir nicht erklären, dass er alle Zeichen als gegen ihn gerichtet deutete und mir nicht nur die erste Bahn sondern kurz drauf auch die mittlere Bahn streitig machen wollte. Dabei hat er einfach nicht verstanden, dass Rückenschwimmer nie, Kraulschwimmer selten und nur Brustschwimmer kontinuierlich beim Schwimmen nach vorne schauen. Das hat wenig mit Arroganz und viel mit der Sportart zu tun…

PS: Was für eine romantische Vorstellung, der Bademeister sei der letzte Hüter von Recht und Gerechtigkeit im Becken der Anarchie. Bringt dem Beruf grad noch ein bisschen mehr Glanz entgegen.

Koffein, Selbstbefriedigung und Instrumental-Musik

Neulich ging ich mit einem Freund in der Uni-Mensa essen. Auf dem Rückweg zur UB stach uns eines der „Jesus lebt!“-Plakate ins Auge, die doch recht vehement die ein oder andere Feierlichkeit überklebten. Neugierig schaute ich mir ein Plakat etwas genauer an – die Schrift war stellenweise sehr klein und ich musste echt nah ran gehen. Im Wesentlichen stand dort etwas wie „Jesus kam in eine verdorbene Welt, verdorbene Menschen kommen nicht in den Himmel.“ Als Beispiele für die Verdarbtheit der Welt waren nun einige Begriffe brainstormartig aufgelistet, u.a. „Schwulitäten„, „Kneipe“ und „Koffein“ stand dort. Jetzt ist ja Enthaltsamkeit spätestens seit der Straight-Edge-Bewegung, die im Punk irgendwie ihre Wurzeln hatte, nichts Uncooles mehr. Allerdings dürften einige Hardcore-Fans doch so ihre Probleme damit haben, was ich noch zum Vorschein brachte, als ich den auffällig auf dem Plakat aufgeklebten Begriff „Selbstbefriedigung“ abpiddelte: Im Original stand dort „Instrumental-Musik“. Da war wohl jemand lernfähig. Dumm nur, wenn man einen großen Druckauftrag von Plakaten bestellt und hinterher feststellt, dass sich Sünde ändert. Vielleicht hat der Plakaturheber auch nur irgendwann doch mal in der Bibel gelesen und stieß auf die Geschichte der Eroberung Jerichos (Josua 6) auch mithilfe von Instrumenten. Oder er las von David, der harfespielend König Saul zu beruhigen wusste (1. Samuel 16). Vielleicht war er auch einfach nur mal in einer Kirche, um der Orgelmusik zu lauschen. Jedenfalls stelle ich mir jetzt eine Redaktionssitzung vor: „Scheiße, wir brauchen eine neue Sünde!“ … „Selbstbefriedigung!“ – „Na klar, warum sind wir da nicht eher drauf gekommen?!“. – Ok, Entschuldigung für das Niveau. Aber ich finde, der Begriff beschreibt tatsächlich den Antrieb des Urhebers der Plakate.

Der Freund, mit dem ich zuvor essen war, meinte auf jeden Fall, dass solche Plakate die ganze Sache kaputt machen würden. Ich glaube, dass an diesem Gedanken zwar was dran ist. Allerdings denke ich auch, dass sich jemand mit ernsthaften Beweggründen nicht von solchen Plakaten davon abbringen lassen wird, nach Gott zu suchen.

Nachtrag:
Auf der Seite http://www.bekehrdich.de findet man das Plakat.

PS: Grad ist mir das Tollste an der Seite aufgefallen: Irgendwo unten steht „Ende meiner Homepage„. Mit einem Satz mal eben so alle Festen von Hypertext ins Wanken gebracht, find ich toll.

Was von Darwin übrig blieb

Ich schaute gerade eine Wiederholung der Sendung Wissenschaftsforum auf Phönix mit dem Titel „Was von Darwin übrigblieb… – Die Evolution und ihre Folgen„. Ein Gedanke zu Beginn vom Darwinliebhaber gefiel mir, der darauf verwies, dass zwar Konkurrenz ein treibendes Prinzip der Evoulution nach Darwin sei, dazu aber Vielfalt eine unbedingte Notwendigkeit sei. Also letztlich das stärkste Argument gegen einen Sozialdarwinismus von Darwin selbst. Ansonsten war ich doch eher auf der Seite des Theologen, nicht nur, weil er schön zugespitzt formuliert hat. (Kostprobe von anderer Stelle: „Experimente der Hirnforschung auf der Suche nach Gott sind ungefähr so sinnvoll wie das Zerlegen eines Fernsehgerätes auf der Suche nach Ulrich Wickert.“)  Er hat auch deutlich gemacht, dass das Interessante an Evolution die Prozesshaftigkeit ist, dass man aber all zu schnell ihre Gesetzmäßigkeiten auf jeden Prozess zu übertragen versuche. Zumindest hab ich mir das so rausgezogen. Jedenfalls vergisst man meiner Ansicht nach zu schnell, dass die Naturwissenschaften beschreibende Wissenschaften sind und darin auch ihre Stärke liegt. Schwach wirds aber dann, wenn man das vergisst. Oder anders gesagt: Wer nur genug beschreibt, erklärt noch lange nichts.

Afghalingrad

Schaue grade die Wiederholung der Diskussionsrunde Maybritt Illner vom Donnerstag. Bitter finde ich ein Statement eines Soldaten, der als Außenstehender der Runde zwischenzeitig kurz und knackig befragt wurde. Auf die Frage, ob er Oberst Klein und den Luftangriff auf die Tanklaster unterstütze, antwortete er, dass die Soldaten vor Ort der Ansicht seien, dass es gut sei, dass endlich jemand mal etwas getan habe. Die Opferzahlen der Zivilisten seien zwar bedauerlich, aber in Anbetracht der Tatsache, dass dabei auch viele hochrangige Taliban getötet worden seien, gehe der Angriff in Ordnung. Schließlich befände man sich im Krieg und im Krieg gebe es weltweit gesehen viele unschuldige Opfer.

Ich finde die Substanz dieser Aussage, die sicherlich nicht einsam in der deutschen Öffentlichkeit zu finden wäre, wenngleich ich diese Meinung nicht allen Soldaten damit unterstelle, sehr bedenklich. Daraus folgen nämlich mehrere Punkte:
1. Deutschland befindet sich im Rahmen der NATO in Afghanistan im Krieg gegen das ehemalige Regime Afghanistans (Taliban). (Auch wenn man nicht wirklich von Regime reden kann, weil die Macht wohl nicht wirklich zentral exisiterte. Vielleicht wäre treffender an eine die Bevölkerung unterdrückende Bewegung zu denken.)
2. Das Ziel dieses Krieges ist die Vernichtung der Anhänger dieses ehemaligen Regimes – auch unter der Inkaufnahme unschuldiger Opfer.
3. Das Ziel dieses Krieges ist nicht die Stärkung des zivilen Aufbaus eines entwicklungsbedürftigen Landes.

Daraus folgt entweder, dass der deutsche Souverän einen falschen Auftrag an die Bundeswehr gegeben hat, oder, dass die Bundeswehr ihr eigentliches Mandat nicht erfüllt, nicht erfüllen kann. Selbst wenn auch noch Guttenberg zurücktreten würde, wäre damit immer noch nicht geklärt, mit welchen Zielen sich Deutschland in Afghanistan am Kriegseinsatz beteiligt. Ich denke, das ist der Kern der ganzen Diskussion.

Persönlich weiß ich nicht, wie ich dazu stehe. Schließlich kann man es sich so oder so zu einfach machen. So übrigens auch:

Lieber Herr Möller, kamen Sie sich ale „Gladiator“ nicht manchmal komisch vor in Kabul. Ein Filmheld unter lauter echten Helden?

ich war froh mal unter echten helden zu sein, denn was die soldaten dort unten leisten und unter welchem einsatz , nähmlich unter dem einsatz ihres lebens kann man nur würdigen. was ich den soladten mitgeteilt habe, und was ich ihnen gegeben habe, waren fitnessgeräte

Dann lieber ehrlich.

PS: Meine Hauptschüler sagen immer: „Wer ’nämlich‘ mit ‚h‘ schreibt, ist dämlich.“

Mehr Bildung!

Wie hier zu lesen ist, war die Vollversammlung der Studierenden der Uni Gießen diese Woche noch besser besucht als letzte Woche. Ich bin ja ein bisschen von den Protesten beeindruckt, im Wesentlichen aus zwei Gründen:

Zu AStA-Zeiten haben wir immer über die „Mobilisierung“ von Studierenden nachgedacht – und waren immer mal wieder ein wenig enttäuscht, weil sich so Wenige für die Hochschulpolitik zu interessieren schienen. Mit diesen Protesten hat der AStA meines Wissens nichts zu tun, die Vollversammlungen wurden jedenfalls nicht von ihm ausgerufen. Das bedeutet, dass die Studierenden die Dinge jetzt sehr viel ernster zu nehmen scheinen und Politik selbst machen wollen.

Außerdem könnte man meinen, dass das Thema Studiengebühren viel mehr Studierende bewegen könnte als so etwas Abstraktes wie „Freie Bildung„. Trotzdem wird aus der „Gießener Erklärung“ gerade deutlich, dass die Ziele sehr inhaltlich und sehr konkret in genau diese Richtung zu gehen scheinen – und das, obwohl Studiengebühren in Hessen abgeschafft und nicht wieder eingeführt wurden.

Ich denke, wenn die Verschulung der Universität so viel Protest hervorrufen kann, (was ich noch vor einem Jahr nie geglaubt hätte,) dann kann es die Verschulung der Schule doch eigentlich auch! Ich will damit sagen, dass der Bildungsprotest, der jetzt stattfindet, die Chance nutzen muss und weiter zu denken hat, als nur bis zur Hochschule. Dazu ist meines Erachtens der entscheidende Punkt, den Bildungsbegriff in jeder Debatte klar zu definieren – und sich eben nicht mit der Bedeutung in der öffentlichen politischen Debatte zufrieden geben, in der oft nur sehr platt mehr Geld für Bildung gefordert wird. Hier wird Bildung zu sehr als „Wissensaneignung“ definiert, wie sich aber Bildung von Wissen abgrenzt, ist im AKBp-Flyer schon 2003 recht gut zusammengefasst. Wer also mehr Geld für Bildung fordert, sollte unbedingt klarmachen, was er unter Bildung versteht. Erst aus diesem Begriff kann dann das entsprechende Menschenbild deutlich werden, das ja Grundlage und Maßstab einer Debatte um Bildungsfinanzierung sein muss.

Ein Nachgedanke:
Im Wort „Bildung“ steckt der Prozess als Ergebnis.

Krasser Führungsstil

Die FR macht dieser Tage anhand mehrer Artikel deutlich, welch krasses Demokratieverständnis so manche Hessische Behörde hat (zum Begriff ‚Behörde‘: siehe Lexikoneintrag). Aufgeregt habe ich mich, als ich heute diesen Artikel gelesen habe, der beschreibt, wie Marco Kraus Opfer von Verwaltungsmobbing wurde. Ich hab mir diesen Artikel übrigens sofort auf der eigenen Platte gespeichert, vielleicht kann man das mal im Unterricht einsetzen, wenn es ums Thema Mobbing geht, man aber nicht sofort einen direkten Bezug zum Schulalltag herstellen will.

Vom anderen Fall war ich dann irgendwie etwas persönlicher betroffen, ohne dass ich mich so sehr emotional drüber aufregen würde: Nach Schwarzgeldern, schwarzen Konten jetzt eine Schwarze Liste – diesmal betriffts die Lehrer. In der Jungen Welt erfahren wir auch das entscheidende Problem von der GEW: „Es ist völlig unklar, wer mit welcher Begründung welche Personen auf diese Liste setzt.“
Ich war ja Freitag auf dem 2. Hessischen Demokratietag, dort war ich in einem Workshop, in dem es um einen offenen Austausch über Qualität an Schulen ging. Ich hab dann irgendwann gegen Ende mal was gesagt, nämlich dass ich es bemerkenswert fände, dass wir in der ganzen Diskussion um Qualität eigentlich bislang nur darüber geredet hätten, was sich verändern müsse und das sei ja sehr bezeichnend für den Zustand der Schule. Außerdem wies ich darauf hin, dass echte Veränderung in einem Prozess von den Schulen selbst vorgenommen werden müsse, alle von „oben“ vorgegebene und im Ergebnis festgelegte Veränderung sei der Sache nicht dienlich. Im anschließenden Beitrag widersprach mir eine Dame sehr energisch und vertrat in etwa die gegenteilige Position, was mich zunächst ob der Heftigkeit etwas verblüffte. Als ich sie jedoch später in einer Pause, in der wir die Möglichkeit hatten, Infomaterialien verschiedener Organisationen einzusehen, hinter dem Stand des Hessischen Kultusministeriums sah, ergab das Ganze dann einen Sinn. Zu doof nur, dass wir auf der Veranstaltung alle mit Namensschildchen rumliefen…

Nachtrag:
Mir fiel gerade ein, dass ich vielleicht eh schon vorher auf der Liste gestanden haben könnte, weil ich mal zu AStA-Zeiten ne Pressemitteilung namentlich unterstützt hab, die dem damaligen Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Corts, nahegelegt hat, wegen seines wenig ausgeprägten demokratischen Verständnisses zurückzutreten (weiß nicht mehr, was der genaue Anlass war). Jedenfalls finde ich die PM nicht mehr, der AStA der Uni Gießen hat sein Internet-Archiv jetzt dem schicken Corporate Design geopfert…

3 Parteien

Heute war ich mit einem Freund in Gießen in der Fußgängerzone, um Kaffee zu trinken. Spontan entschlossen wir, die dort anwesenden Parteistände zu befragen, warum wir deren Partei wählen sollten. Als erstes gingen wir zu den Grünen, denen wir beide zunächst am ehesten zugetan waren. Die Frau, die dort Windmühlen bastelte, enttäuschte uns allerdings, als sie uns sagte, dass sie gegen diese „Atomdings“ seien. Ich fragte dann nach, wie die Grünen sich zum Thema Bildung verhalten würden und als nur ein „Ähmm“ und dergleichen kam und ich meine Frage konkretisierte, ob denn Bildung Länder- oder Budesssache sein solle, fragte die windmühlenbastelnde Frau den langbärtigen Mann, was denn der Tom dazu gesagt habe. Thomas, damit war der Spitzenkandidat der Grünen gemeint. Der fand, das sei Bundessache, meinte der Bärtige, woraufhin die Windmühlenbastelnde meinte, das sei Bundessache. Daraufhin gingen wir etwas resigniert zum Stand der SPD, wo wir einen alten, guten Bekannten aus AStA-Zeiten trafen. Der erzählte uns ziemlich viel Ehrliches über seine Sicht auf die Wahl und die Chancen der Vorhaben der SPD. Das Gespräch war länger und gut. Nach kurzem Zwischenstopp auf dem Gästeklo von Horten stießen wir auf den Stand der Piratenpartei. Dort fragte ich mich durch einige komplexere Themen durch. Als Fazit kam dabei heraus: Der Mann von der Piratenpartei sieht zwar die Gefahr, dass kleinere Verlage unter der „OpenAccess“-Forderung der Piraten leiden würden, aber dieser Umstand mehr oder weniger dem Strukturwandel geschuldet sei, der mit der Entwicklung des Internets einhergehe. Außerdem sei es doch gar nicht so schlimm, ein Interview für die Junge Freiheit zu geben. …

Nach diesem Tag bin ich unentschlossener als zuvor, wen ich wählen soll. FDP und CDU/CSU kommen von vornherein nicht in Frage. (Obwohl ein Repräsentant bei der FDP eher visuell sich als LINKE-Kandiadat präsentierte, sind beide Parteien inhaltlich tabu.) Piraten haben sich durch ihre Aussagelosigkeit zu manchen Bereichen disqualifiziert, bleibt also nur noch die windmühlenbastelnde Grüne oder der ehrliche Sozialdemokrat… Wobei die Sozialdemokratie sich selbst nicht wählen mag.

So schwer ist mir noch keine Wahlentscheidung gefallen.

Ein beunruhigendes Video

Zuerst der Hinweis, später vielleicht mehr.

UPDATE:
Auf Spiegel ist jetzt noch ein Artikel dazu erschienen, in dem auch die verschiedenen Quellen ganz gut aufgelistet sind.

Ich  war ja schon das ein oder andere Mal auf verschiedenen Demonstrationen in Gießen, Mannheim, Frankfurt und einmal auch in Wiesbaden. Dort war damals die Dingfestmachung der Studiengebühren im hessischen Landtag (=3. Lesung), wo ein Freund und ich es tatsächlich geschafft hatten, unter Personenschutz durch die Polizei innerhalb der Bannmeile einen Kaffee bei Starbucks zu trinken – während eine mittelgroße Gruppe von Studierenden um die Bannmeile herum demonstrieren ging. Als der Demo-Zug sich näherte, bekamen es die Polizisten ein bisschen mit der Angst zu tun, die Horde würde zu uns stoßen wollen, sodass wir angehalten wurden, den Kaffee schneller zu trinken…

Naja, noch ne halbe Stunde vorher, als der Demotrupp noch an einem Eingang zur Bannmeile Krawall gespielt hat (sie waren nur laut und haben irgendwelche Sachen gerufen und ein bisschen am Metallzaun gerüttelt), waren hinter der Eisengitter-Absperrung einige Polizisten postiert, sowohl zur Abschreckung aber auch bereit für den Ernstfall, wie auch immer der ausgesehen hätte. Dabei war ein Hund mit seinem Führer, beide gingen hinter der in einer Reihe am Zaun postierten Beamten entlang, als der Hund auf einmal austickte und eine Polizistin ansprang und biss – ich glaube, zum Glück nur in die schwere Uniform, zumindest war es eher Schrecken und weniger Schmerz, der im Gesicht der Frau zu lesen waren. Jedenfalls ist der Hund einfach so ausgetickt, war wohl mit der Lautstärke zu stressig, was ich ja verstehen kann.
Was ich nicht verstehe ist, warum die Polizei Hunde mit auf Demos nimmt, auch wenn es ausgebildete Hunde sind.
Ein weiteres Beispiel war in Gießen, als der Demonstrationszug tendenziös Richtung Autobahn marschierte. Eine Hundertschaft riegelte die entscheidende Kreuzung mittels einer spontanen Beamen-Kette ab. Ein Hundeführer ging mit seinem Hund quer zur Reihe. Er hat den Hund ganz klar zur Abschreckung vor der Absperrung „spazieren geführt“, ein Demonstrationsteilnehmer wäre dabei beinahe gebissen worden, weil der Führer den Hund nur schwer unter Kontrolle halten konnte.
Beide Situationen waren vermeidbar, die letzte unverantwortlich. Gerade in solch hitzigen Momenten wie Massenaufläufen ist es wichtig, die Kontrolle über sein Verhalten zu bewahren.

Der ins Gesicht schlagende Polizist hatte die Kontrolle offenbar nicht. Sein Verhalten hat mich stark an das eines Hundes erinnert, dem der ganze Krach und die vielen Menschen einfach zu viel werden und austickt. Jetzt suggeriert der Spiegel-Artikel, der Demoteilnehmer sei zusammengeschlagen worden, weil sich einzelne Polizisten von einer möglichen Anzeige bedroht gefühlt hätten. Das würde bedeuten, dass die sich den Typen aus Berechnung geschnappt hätten. Ich glaube aber, da ist einfach jemand ausgetickt, weil es ihm zu viel wurde, weil der Typ den Anweisungen nicht genau Folge geleistet hat oder warum auch immer. Zum Glück waren die Demonstranten dort scheinbar nicht gewaltbereit, sonst wäre das womöglich böse ausgegangen.

PS: Ich bin ja mal gespannt, wie viele Leute die Piraten am 27.09. wählen…

Entschlossene Langsamkeit

Hab eben beobachten können, wie eine Schwanenfamilie die Straße überquert (übrigens um zum Schwanenteich zu gelangen). Die Überquerung hat etwa drei Minuten gedauert und die heranrasenden Autofahrer mussten anhalten und warten. Die Schwäne sind so langsam über die Straße gewatschelt, als wollten sie die Autos provozieren.
Ich musste dabei an Die Entdeckung der Langsamkeit denken, in der die Kunstfigur eines John Franklins genau so beschrieben wird, während er über Deck geht. Weil er langsam ist in allem, kriegen die anderen auf dem Schiff eben sehr schnell raus, dass sie ihm ausweichen müssen.
Der wichtige Gedanke dabei ist, dass das Entscheidende nicht die Geschwindigkeit ist, mit der man etwas tut, sondern die Entschlossenheit…

Automat

War gerade noch mal im Freibad schwimmen, um es zum letzten Mal diese Saison im Freien zu genießen. Da ich meine ermäßigte „Karte“ – in Wahrheit handelt es sich um einen RFID-Chip, der in einem 5-Mark-Stück-großen, roten, runden Plastikchip sitzt – beim letzten Mal verbraucht hatte und dieser der Automat automatisch eingezogen hatte, wollte ich mir heute einen neuen ermäßigten Chip kaufen. Übrigens ist es nicht möglich, einzelne Ermäßigungen zu bekommen,  man muss immer mindestens fünf auf einmal bezahlen (=6,40€). Dass das Schwimmbad zwei Tage später zumacht, war mir egal, kann ich ja noch nächste Saison benutzen, dachte ich. Tja, das dachte ich, während ich vor dem unbesetzten Kassenhäuschen stand… – nachdem ich ne Weile dachte, dass auch Kassierer aufs Klo müssen, betätigte ich die Klingel für die Fernsprechanlage und schilderte der fragenden Stimme, das Kassenhäuschen sei nicht besetzt. Die wieß mich dann auf den Bezahlautomaten hin, den ich bis dahin tatsächlich übersehen hatte. Auf meine bedankende Schlussbemerkung, dass ich ja ermäßigten Eintritt bekäme, offenbarte mir der Lautsprecher, dass dies am Automaten nicht möglich sei (was ich insofern verstehe, als dass ich ihm zwar meinen Ausweis vor den Bildschirm halten könnte, ich aber andererseits froh bin, dass noch keine intelligenten Scanner für sowas im Einsatz sind). Ermäßigte Karten könne man nur kaufen, wenn die Kasse besetzt sei. Auf meinen Hinweis, laut Beschilderung sei ich zu einer Uhrzeit an der Kasse, an der sie besetzt sein sollte, wurde ich darauf hingewiesen, dass wegen fünf Badegästen die Kasse nicht besetzt werde. Prinzipiell fand ich das ja verständlich – wenn damit nicht ausgeschlossen worden wäre, dass ich weder ermäßigten Eintritt bekäme, noch den Euro für den Spint mir hätte wechseln können, noch das 20-Cent-Stück, welches für die warmen Duschen benötigt wird… Also fing ich kurz an zu disktuieren, nachdem sich das Gespräch aber – ähnlich wie mit Wachtmeistern – im Kreis drehte, ließ ich dem Lautsprecher gegenüber die Bemerkung fallen, dass Diskutieren offensichtlich nichts bringe, ich das alles dämlich fände und bedankte mich höflich (wohl nur höflich und weniger ehrlich) und steckte die 2,40€ in den Automaten und die durch Wut und Unverständnis aufgeladene Energie in die folgenden 2200m…

Abgesehen davon, dass ich mich in dieser kurzen Erzählung in einer Welt voll Grausamkeit als den Entrechteten schlechthin darstellen möchte, gehts mir um Folgendes: Ich finde es krass, dass sich eine Entwicklung bestätigt, möglichst viel zu automatisieren. Eine Folge, die ich heute selbst gespürt habe, ist, dass eine ehemals selbstverständlich von einem Menschen besetzte Kasse nur noch als kulanter Zusatz-Service zum Automat verstanden wird. Wer dann irgendwelche Bedürfnisse hat, die nicht ins automatisierte Schema passen, hat gelitten, bzw. hat zu leiden. Ähnliches Prinzip befürchtet sich beim mittlerweile automatisierten Rückmeldesystem an der Uni Gießen zu entwickeln, wo man mittlerweile im Idealfall nur noch was mit Scannern und Druckern zu tun hat, um die benötigten Unterlagen zu bekommen.

Den Bogen weiter gespannt sei noch zum Schluss der Hinweis gestattet, dass man nicht automatisch Maschinen benötigt, um Automaten herzustellen. Bestes Beispiel ist die Umsetzung der Modularisierung von Bildung, die zuweilen dazu führt, dass sich eine Logik automatisiert, die nichts mehr mit Realität zu tun hat oder vielmehr: eine Logik, die sich eine eigene Realität schafft. Hab ich heut morgen wieder gedacht, als ich mitbekommen habe, mit welchen Problemen sich einige meiner Hauptschüler rumschlagen (wörtlichst). Das Ausbildungsmodul Erziehen, Beraten, Betreuen kann jedenfalls trotz schicken Titels mir nicht mehr Ratschläge geben, als: Machense doch mal Gruppenarbeiten im Unterricht… (Achtung: Zynische Polemik!) Es tut aber so, als könne man nach dem Besuch erziehen, beraten und betreuen. Probleme, die über den Zuständigkeitsbereich eines Moduls hinausgehen, haben ja rein technisch betrachtet dort jeweils keinen Platz. Zum Glück sitzen aber manchmal Menschen in den Modulen, die nicht nur Routine automatisch abspulen…

Das Internet-Manifest

Endlich mal jemand, der nichts zum Internet-Manifest zu sagen hat… – Naja, fast nichts, zumindest, liegt aber wohl nur an der ‚17‚.

Ich hingegen finde, dass das alles arg schwammig ist und damit keine Forderungen oder wirklich neuen Sichtweisen verbunden sind. Merkwürdig finde ich folgenden Punkt:

Links sind Verbindungen. Wir kennen uns durch Links. Wer sie nicht nutzt, schließt sich aus dem gesellschaftlichen Diskurs aus. Das gilt auch für die Online-Auftritte klassischer Medienhäuser.

Mein Problem damit ist, dass da irgendwie drin steckt, dass Öffentlichkeit sich in Zukunft nur noch aufs Netz beschränken wird. Und das will ich nicht.

Schwimmen

Ich war eben schwimmen. Ich erinnere mich noch, dass eine Freundin mal gesagt hat, sie könne besonders gut nachdenken beim Schwimmen. Ich habe festgestellt, dass ich während des Sports überhaupt nicht an Dinge denke, die nicht mit Schwimmen zu tun haben. Ich konzentriere mich voll auf das Wassergefühl, die Geräusche von Schwimmbewegung und vom Atmen, darauf, dass ich nicht zu früh Luft hole, wenn ich den Kopf zur Seite aus dem Wasser drehe… manchmal vergesse ich sogar dadurch die Anzahl der geschwommenen Bahnen. Anders gesagt: Schwimmen gehört zu den Zeiten, in denen endlich mal alles, was ich tue, einen in sich geschlossenen Sinn hat, wo ich mein Handeln endlich mal nicht mehr in Frage stellen muss. Warum sollte ich diese kostbaren Momente mit fremden Gedanken stören?

Bach, Mendelssohn-Bartholdy und ABBA

Heute habe ich Dank eines Hinweises eines Freundes an einer musikalischen Orgel-Radtour teilgenommen. Gestartet hat das Ganze in der Kirche am Kirchberg in der Nähe von Lollar. Dort spielte der Busecker Dekanatskantor verschiedenste Stücke, die meisten haben mir ganz gut gefallen. Ich hab Orgelmusik auch schon immer irgendwie faszinierend gefunden, nicht erst seit „In the Garden of Eden„, auch schon früher in Wissenbach, wo wir – wenn ichs nicht total verpeile – eine pneumatische Orgel haben, was zu den sonst üblichen mechanischen eher selten ist. Jedenfalls spielte der Dekanatskantor zunächst Bach, dann Pachelbel, später auch was von Wagner. Als dann nach geschätzten 20 Minuten ein Notenbuch auf die Notenhalterung der Orgel gelegt wurde, auf dem in großen goldenen Buchstaben das Wort „ABBA“ zu lesen war, war ich zunächst verwundert, später dann ziemlich angetan von dem durch Wäscheklammern im Buch markierten „Medley“. Zwar mag ich ABBA-Musik nicht unbedingt allzusehr, allerdings war da so ein kurzes Gefühl, dass in dieses heilige Gebäude ein bisschen mehr Wahrheit reingelassen wurde…

Wir fuhren dann per Rad nach Mainzlar in eine sehr kleine Kirche, in der neben älteren Orgelstücken – darunter Ach wie flüchtig, ach wie nichtig von Georg Böhm, was mit seinem vorreformatorischen Gesangs-Intermezzo schon einem ein Gefühl dafür hat geben können, wie man sich fühlt, wenn man überall nur vom Fegefeuer hört – zum Ende auch ein Akkordeon zum Solo-Einsatz kam. Ziemlich beeindruckend, was aus so einem Ding rauszuholen ist. Vom Klang natürlich nicht so kraftvoll wie eine Orgel, aber tänzerischer … Tanzende Orgel wäre vielleicht ein gut beschreibender Begriff. Jedenfalls waren sowohl die klassisch europäische Musik als auch der argentinische Tango hörenswert.

Wir fuhren dann nach Treis. Dort hörten wir wieder diverse Adaptionen wie bspw. von „In dir ist Freude“ oder „Danke für diesen guten Morgen“, welches als „Eine kleine Dankmusik“ mit Mozart-Klängen vermischt wurde. Ganz ok eigentlich, bis auf das ausgelutschte „Danke für diesen guten Morgen“-Thema halt… Danach gabs dann im Gemeindehaus Kaffee und Kuchen, dann gings zurück.

Auf der Rückfahrt hab ichs dann auch tatsächlich geschafft, mit meinem Mountainbike samt Clickpedalschuhen an einer Straße mitten in den Fahrradpulk zu geraten und klinkte dann schnell links aus, weil links aber plötzlich alles voll war, musste ich mich nach rechts auf den Boden fallen lassen. Das Lachen des älteren Herrns mit dem motor-betriebenen Fahrrad, den ich zuvor am steilen Berg mit den Worten „Das ist aber gefuddelt!“ überholt hab, fand glaube ich nur in meinem Kopf statt… (So ein Motor-Fahrrad ist schon geil irgendwie – der ältere Herr fuhr so leichtfüßig in akzeptabler Geschwindigkeit bergauf, das sah einfach cool aus. Ich überlege derzeit, mir nen Motor an mein Hardtail zu installieren…) Aber die Leute waren glaube ich ehrlich besorgt. Zum Glück ist mein rechtes Knie aber eh schon kaputt, trotzdem ist Hinfallen mit dem teuersten, pardon: zweitteuersten, Fahrrad einfach uncool.

Nächste Woche ist wieder sowas, vielleicht hab ich ja noch mal Bock drauf. Die Orgel ist einfach die Königin der Instrumente.

Psychologie eines Klodiskurses

Am Donnerstag traf ich mich an der Uni mit Björn zum Schachspielen, als ich mal gemütlich ausführlich aufs Klo musste.  Als ich so „uffem Schacht“ saß, las ich mir den angeregt geführten Klodiskurs an der Tür durch, der in etwa davon handelte, dass ein vormaliger Besucher zunächst pauschal alle Studentinnen als Prostituierte bezeichnete, da sie sich für Scheine (und er erwähnte extra auch die Seminarscheine) den Professoren anbieten würden. Der nächste forderte auf, Namen zu nennen und nicht bloß bei unbestimmten Behauptungen also unglaubwürdig stehen zu bleiben, woraufhin der Eingangsschreiber seinen Vorwurf immerhin auf den Fachbereich 06 eingrenzte, wegen der räumlichen Nähe vermutlich nicht Sport sondern die Psychologie meinte. Da schaltete sich auf einmal ein weiterer Debattant ein mit dem Ausruf „Kann man denn hier nicht mal in Ruhe sch*****?!“ Die Antwort kam prompt in Form eines Adorno-Zitats (wie ich mich später von meinem Schachkollegen aufklären lassen musste, peinlich peinlich): „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.
Randbemerkung: Auch Adorno gehörte zu den Leuten, die lieber in etwas anderem groß geworden wären…

Jedenfalls wollte ich nun mein Kabinenbedürfnis zeitgleich mit dem Toilettentür-Diskurs beenden. Als ich gerade im Begriff war, mich des Diskurses zu entziehen, entdeckte ich an der linken Kabinenwand ein Wort, das mir nicht so recht in den Zusammenhang zu passen schien: „Snujer“. Da hatte doch jemand tatsächlich ein Wort hingeschrieben, dessen einzigen Sinn ich entringen konnte, indem ich es als meinen falschgeschriebenen Nachnahmen identifizierte. Verwirrt belustigt las ich mir den ganzen Satz durch … Was ich las, ließ mich die Augen zusammenkneifen (mit dem Schachten wars da übrigens schon längst vorüber): „All The Oles Are Fat, Including The Snujers.“ . Ich muss sagen, dass ich das Dasein dieses Satzes bis jetzt nicht ganz gerafft habe und es als eines der wenigen Mysterien in meinem Leben wohl existieren lassen muss.
Ich werde wahrscheinlich nie herausfinden, was jemanden dazu veranlasst hat, mich an der Kabinenwand in diesen sinnfreien Satz zu bannen. Meine einzige Vermutung besteht darin, dass der Satz, dessen Anfangsbuchstaben der Wörter nochmal extra aufgeführt waren, Teil eines Spielchens war, bei dem zufällig ausgewählten Buchstaben ein logisch richtiger Satz zugeordnet werden musste. Jetzt frage ich mich natürlich, seit wann der Satz schon da stand und ich ihn nicht bemerkt hatte… (Später am Abend bei unseren regelmäßig reaktivierten AKBp-Treffen kamen wir dann auf den Gedanken, dass ich vielleicht während des Studiums jahrelang gemobbt worden bin – es aber nie gemerkt habe…)

Kurz darauf beim weiteren Schachspielen wurden wir von zwei Psychologinnen angesprochen, ob wir nicht Lust hätten, an einem Experiment zur Untersuchung der Sprachwahrnehmung teilzunehmen, als Belohnung gäbe es einen Schokoriegel. Da ich billig zu haben war und Lust auf ein Snickers hatte, stimmte ich zu und ging mit einer der beiden zu einem Büro, während ich sie die ganze Zeit peinlichst auf Hinweise auf Prostitution hin untersuchte – ich konnte nichts dergleichen feststellen.
Im Büro angekommen musste ich mit Erschrecken feststellen, dass auf dem Tisch nur Duplo und Kinderriegel standen; wurde also nichts mit Snickers. Entsprechend unmotiviert begab ich mich an den ersten Test. Dort sollte ich zunächst Buchstaben nach meinen Vorlieben benoten. Also, wenn ich das „O“ besonders mochte (immerhin der Anfangsbuchstabe meines Vornamens), gab ich 9 Punkte, das langweilige „S“ bekam 5 und das komische „Y“ nur zwei Punkte. Das ganze lief am Computer ab in zufälliger Reihenfolge und ich durfte nicht Nachdenken, als ich die Buchstaben bewertete. Beim zweiten Test musste man möglichst schnell wirre Buchstabenkombinationen, also Fantasiewörter einteilen in jene, die mit einem Vokal begannen, und jene, die mit einem Konsonant anfingen, das Ganze möglichst schnell. Danach musste ich noch zwei Mal den ersten Test, also das Buchstabenranking, wiederholen. Zum Abschluss sollte ich dann noch einen kurzen Fragebogen ausfüllen, bei dem mir Fragen zu meinem derzeitigen Selbstwertgefühl gestellt wurden. Also, wie wichtig ist mir, was andere über mich denken; was denke ich, wie viel ich Wert bin und so weiter. Mein Selbstwertgeühl hing immer noch an dem Satz an der Kabinenwand, deshalb waren die Antworten nicht ganz so arrogant wie sonst. Nach dem Fragebogen war die Untersuchung dann auch schon fertig und ich durfte mir einen der beiden Schokoriegel für meine Mühen aussuchen (Stichwort: Prostitution im Fachbereich 06). Ich lehnte dankend ab.
Beim Rausgehen teilte die wissenschaftliche Mitarbeiterin mir dann wenig überraschend die Auflösung des Ganzen mit: „Jetzt kann ichs dir ja sagen, das Ganze hatte nichts mit Sprachgefühl zu tun. Es ging viel eher darum, zu untersuchen, ob es einen Zusammenhang zwischen der Vorliebe für den eigenen Anfangsbuchstaben und der Selbstwertschätzung gibt.“ (Ich glaube, der Begriff dazu wäre Implizite Selbstwertschätzung.) „Beim zweiten Test wurden dir kurze Impulse gezeigt, die du nicht bewusst hast wahrnehmen können, es ging da bei den Vokalen und Konsonanten nur um deine Afmerksamkeit. Die Unteruchungsmethode ist allerdings umstritten, aber anders kann man es ja auch nicht messen.“ Ich überlegte kurz, ob ich sagen sollte, dass ich das „O“ zwar außerordentlich gut bewertet hatte, meinen Selbstwert aber vor allem situativ bedingt eher etwas weit unten angesiedelt habe.
Mit einem schlechten Gewissen, hier gerade jemandem die Promotion versaut zu haben, verließ ich die Psychologie und wandte mich wieder dem Schachspielen zu. Das Spiel gewann ich natürlich und Snickers und Klospruch waren wieder kompensiert – in da Face, Björn! Ich bin der Tollste!

Als wesentliche Erkenntnis aus diesem psychologischen Diskurs nehme ich also mit: Die beste Waffe gegen Mobbing ist mangelnde Wahrnehmung, der Begriff „Schokoriegel“ ist je nach Giergrad unterschiedlich interpretierbar und Prostitution findet weniger durch die Psychologinnen selbst als vielmehr durch die Psychologie als Wissenschaftsdisziplin statt, indem sie versucht, Erkenntnisse durch pseudo-naturwissenschaftliche Messmethoden zu erzeugen und sich so möglichst billig an die Wahrheit zu verhökern (zum Glück ist die Wahrheit aber integer).

Ahmadinedschad

Ein geiles Bild … und umso ausdrucksstärker, wenn man den Rahmen miteinbezieht:
Am Freitag sind im Iran Präsidentschaftswahlen. Ob es da wirklich eng für Ahmadinedschad wird, weiß ich nicht, glaube ich zumindest nicht.
In diesem Zusammenhang ist aber vor allem Obamas Besuch von Buchenwald (mit einer beeindruckenden Rede von Eli Wiesel) sowie seiner (traditionellen) Teilnahme an den Feierlichkeiten zum D-Day zu sehen. Kurz zuvor in Kairo zur „islamischen Welt“ gesprochen und von mehr Welten beachtet, ist die Geschichte, die Identiät dieses Präsidenten das, was am deutlichsten gegen den Holocaust-Leugner* Ahmadinedschad steht.
Und Eli Wiesel formuliert am besten:

Erinnerung muss die Menschen zusammenbringen, statt sie zu trennen.

NACHTRAG zum Ausgang der Wahl („Ich habe Ahmadi gewählt, aber dieses Resultat kann einfach nicht stimmen„):

… Doch dann laufen die Menschen plötzlich auseinander: Die gefürchtete Revolutionsgarde fährt mit Motocross-Rädern in die Menge, rammt Menschen, die Männer treten um sich. Polizei zu Fuß knüppelt wahllos auf Unbewaffnete ein. Eine alte Frau wird von Uniformierten zu Boden geschlagen.


*Eine Fußnote: Was genau der Begriff „Holocaust-Leugner“ bedeutet, lässt sich am besten aus diesem Ausschnitt eines Spiegel-Interviews vom 11.04. 2009 herauslesen:

SPIEGEL: Sie sprechen von Israel, einem seit vielen Jahrzehnten weltweit anerkannten Uno-Mitgliedsstaat. Was machen Sie eigentlich, wenn eine Mehrheit der Palästinenser für eine Zweistaatenlösung votiert, also das Existenzrecht Israels anerkennt?

Ahmadinedschad: Sollten sie sich dafür entscheiden, müssen alle diese Entscheidung akzeptieren …

SPIEGEL: … dann müssten auch Sie Israel anerkennen. Einen Staat, den Sie laut früheren Aussagen „von der Landkarte löschen“ wollen. Sagen Sie uns doch, was Sie wirklich gesagt und wie Sie es gemeint haben.

Ahmadinedschad: Lassen Sie es mich scherzhaft so formulieren: Warum haben die Deutschen damals so viel Unruhe gestiftet, dass es überhaupt zu diesen Problemen gekommen ist? Das zionistische Regime ist das Ergebnis des Zweiten Weltkriegs. Was hat das alles mit dem palästinensischen Volk zu tun? Was mit der Region Nahost? Ich glaube, man muss das Problem an der Wurzel packen. Wenn man die Ursachen nicht berücksichtigt, gibt es auch keine Lösung.

SPIEGEL: Heißt „an der Wurzel packen“ Israel auslöschen?

Ahmadinedschad: Es bedeutet, die Rechte des palästinensischen Volkes einzufordern. Ich denke, das ist zum Vorteil aller, Amerikas, Europas und auch Deutschlands. Aber wollten wir nicht noch über Deutschland und die deutsch-iranischen Beziehungen sprechen?

SPIEGEL: Darüber sprechen wir doch schon. Dass Sie das Existenzrecht Israels leugnen, ist von entscheidender Bedeutung für die deutsch-iranischen Beziehungen.

Ahmadinedschad: Glauben Sie, dass das deutsche Volk auf der Seite des zionistischen Regimes steht? Glauben Sie, dass dazu eine Volksbefragung in Deutschland durchgeführt werden könnte? Falls Sie so ein Referendum zulassen, werden Sie feststellen, dass das deutsche Volk das zionistische Regime hasst.

SPIEGEL: Wir sind sicher, dass das nicht so ist.

Ahmadinedschad: Ich glaube nicht, dass die europäischen Länder die gleiche Nachsicht gezeigt hätten, wenn auch nur ein Hundertstel der Verbrechen, die das zionistische Regime in Gaza begangen hat, irgendwo in Europa passiert wären. Warum bloß unterstützen die europäischen Regierungen dieses Regime? Ich habe Ihnen das schon einmal zu erklären versucht …

SPIEGEL: … als wir vor drei Jahren über Ihre Leugnung des Holocaust gestritten haben. Wir haben Ihnen nach dem Gespräch einen Film von SPIEGEL TV über die Judenvernichtung im Dritten Reich geschickt. Haben Sie diese DVD über den Holocaust erhalten, haben Sie sich den Film angesehen?

Ahmadinedschad: Ja, ich habe die DVD erhalten. Aber ich wollte Ihnen darauf nicht antworten. Ich glaube, für das deutsche Volk ist der Streit um den Holocaust kein Thema. Das Problem liegt tiefer. Im Übrigen: Noch einmal vielen Dank, dass Sie gekommen sind. Sie sind Deutsche, wir schätzen die Deutschen sehr

Es geht dann auch noch interessant weiter:

SPIEGEL: Am 12. Juni ist in Iran Präsidentschaftswahl. Sie gelten als Favorit. Werden Sie gewinnen?

Ahmadinedschad: Warten wir’s ab, neun Wochen sind eine lange Zeit. In unserem Land gibt es keine Gewinner und damit auch keine wirklichen Verlierer.

SPIEGEL: Werden Sie im Falle Ihrer Wiederwahl der erste Präsident der Islamischen Republik Iran sein, der einem amerikanischen Präsidenten die Hand gibt?

Ahmadinedschad: Was meinen Sie?

SPIEGEL: Herr Präsident, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.