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Im Schwitzkasten des Zeitdrucks

Neulich wurde auf dem Geburtstag meines Vaters ein Gespräch über die schwierigen Bedingungen, unter denen Lieferfahrer arbeiten müssen, geführt. Vor allen Dingen der Zeitdruck könne dabei an so manchem Nervenkostüm nagen, so der Einblick von Betroffenen. Durch das Gespräch fühlte ich mich an einen Vorfall erinnert, in den ich vor ein bis zwei Jahren verwickelt war:

Aus irgendeinem nicht weiter nachvollziehbaren und mir völlig schleierhaften Grund war ich sehr früh morgens mit dem Auto unterwegs, es wird so 6.00h gewesen sein. Ich musste tanken und wollte daher zu einer Selbstbedienungstankstelle, wofür ich den Parkplatz eines Supermarktes überqueren musste. Vor mir fuhr genauso einsam ein weißer Transporter, der plötzlich ohne zu blinken nach rechts auf einen Einzelparkplatz bog. Als ich gerade vorbei fuhr, legte der Transporter den Rückwärtsgang ein und fuhr zurück, um rückwärts in die von mir links gelegene Parklücke zu fahren. Ich wich aus, trotzdem musste der Fahrer bremsen – und hupen… Ich hatte mir da nichts weiter bei gedacht, da nichts passiert war, und fuhr an die Zapfsäule. Als ich am Tanken war, kam der Transporter herangefahren. Der Fahrer kurbelte das Fenster runter und war ziemlich aufgeregt und fragte mich etwas, was ich wegen des Tanklärms nicht verstand. – Als ich dann das zweite mal etwas wie „Hä?“ gesagt hatte, riss der Fahrer die Tür auf, stürmte entschlossen auf mich zu, nahm mich in den Schwitzkasten und zerrte mich aus dem Sichtbereich der Videokameras. Also, eigentlich bin ich mehr mitgegangen, als dass er mich gezerrt hätte. (Er war zwar recht muskulös und in einem direkten Zweikampf hätte ich sehr wahrscheinlich verloren, dennoch musste er ja eine gehörige Portion Masse bewegen…) Er schrie mir dann irgendwas ins Ohr, was ich jetzte wegen der zu hohen direkten Lautstärke nur so halb verstanden hatte. Jedenfalls endete er mit der aufgebrachten Aussage, dass er, würde ich noch ein Mal hinter ihm herfahren, mit mir wer weiß was anstellen würde. Er ‚fragte’ dann, ob ich das verstanden hätte und während ich noch überlegte, ob ich sagen sollte, dass es im gewöhnlichen Straßenverkehr doch durchaus vorkommen könnte, dass ich hinter ihm vor einer Ampel stünde, wiederholte er seine Frage etwas vehementer. (Ich war ja immer noch im Schwitzkasten.) Also quetschte ich ein „Ja.“ heraus und er ließ mich los. Zielstrebig ging er wieder zu seinem Transporter, ich sofort hinterher – um den Tankvorgang zu beenden. Mein Herz schlug während der ganzen Situation zwar schon schneller als sonst, insgesamt war ich aber doch relativ entspannt. Schon damals hatte ich mit dem Fahrer mehr Mitleid, als dass ich wütend gewesen wäre. Und auf Schlägereien lasse ich mich nicht ein, schon gar nicht außerhalb von Videoüberwachung…

Jedenfalls hatte das Gespräch auf dem Geburtstag nicht nur die Geschichte in Erinnerung sondern auch den Umstand, dass solche Fahrer mit einem enormen Druck umgehen müssen und dies manchmal eben nicht können, ins Bewusstsein gerufen.