Zum Inhalt springen →

Entschuldigung ohne Reue

Zwei Gedanken zu Rüttgers Aussagen über die faulen Rumänen, die, weil sie zu spät zur Arbeit kämen, schlechtere Handys produzieren würden, und die irgendwie auch doofen Chinesen. Auslöser ist der Ausspruch von Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet auf FR-Online, der Rüttgers wie folgt verteidigt:

„Ich finde die Reaktionen völlig überzogen“, sagte Laschet am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Rüttgers Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorzuwerfen, sei „geradezu absurd“. „Deshalb sollte man die Tassen im Schrank lassen“ und Rüttgers‘ Entschuldigung annehmen, forderte Laschet. Im Engagement für den früheren Nokia-Standort Bochum sei ihm „diese Formulierung durchgegangen“.

Zum einen hat Rüttgers sich nicht entschuldigt: „Ich wollte niemanden beleidigen, wenn das doch geschehen ist, tut mir das leid.“ Die Formulierung nimmt sein eigenes Handeln aus der Verantwortung, eine echte Entschuldigung würde sich nämlich z.B. so anhören: „Es tut mir leid, dass ich jemanden beleidigt habe.“ Zu einer Entschuldigung gehört die Einsicht, einen Fehler begangen zu haben, kurz: Reue. Die kann ich aus dem Wortlaut nicht lesen.

Zum anderen bedeutet Laschets Aussage, die Formulierung sei mit Rüttgers durchgegangen, dass Rüttgers inhaltlich recht habe. Die Gedanken, die dahinter stehen und also nach wie vor in Rüttgers Kopf Raum haben, die er nur kurzzeitig formulierungstechnisch nicht im Zaum hatte, sind doch das eigentliche Problem. Das wirklich Bittere an der Sache ist, dass er Ministerpräsident eines ziemlich großen Bundeslandes ist und da finde ich es schon krass, dass so eine Weltanschauung sich in so einer mächtige Position befinden kann…

Jetzt kann man mir natürlich vorhalten, ich sei, weil ich als Deutschlehrer von Formulierungsangelegenheiten sowieso besessen sei, da sehr verbissen an ein paar unbedeutende Wörter und Phrasen rangegangen. Man muss sich dabei allerdings im Klaren sein, dass Rüttgers seine ‚Völkerkunde‘ nicht nur einmal offenbart hat und Politiker seines Schlages vermutlich die Hälfte ihres Lebens in Rhetorik-Seminaren verbracht haben, um eigene Überzeugungen in Formulierungen zu verpacken, die niemand mehr wirklich versteht.

PS: Man muss doch mal die Tassen im Schrank lassen wird wohl zu meinem persönlichen Sprichwort-Favoriten…