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Frage-Antwort

Neulich hat mich Diego danach gefragt, wie es zu der Zusammensetzung der Schriften des Neuen Testaments kam. Da ich es nicht wusste, habe ich trotzdem geantwortet (das ist vielleicht so ein Lehrerding, sorry):

Also, ich hatte das auch so im Kopf, dass so um 300 rum einige Leute gesagt haben, so kann das nicht weitergehen, wir brauchen nen Kanon. Jetzt hab ich das hier gelesen und es ist wohl fließender, wie man entschied, was zur wahren Lehre gehört und was nicht:

„Bischof Serapion von Antiochien – das ist der heutige Ort Antakya in der Türkei – fand Ende des zweiten Jahrhunderts in einer Stadt seiner Diözese ein Petrusevangelium vor und verwarf die Verwendung in der Gemeinde nach einer Prüfung des Textes. Die Begründung lautete, dass es nicht der apostolischen Überlieferung entspreche.“

Ich glaube, man darf das nicht so starr sehen, wenn man den Begriff ‚Heilige Schrift‘ im Kopf hat. Jesus selbst hat ja laut Bibel nie selbst geschrieben. Das heißt, ihm war es wichtig, zu wirken, sonst hätte er Wunder getan und gleich danach n paar seiner Schriften verteilt. Ich würde das also eher so sehen, dass Jesus gelebt und gewirkt hat, die Leute haben sich davon erzählt, dann kamen ein Evangelist nach dem anderen (insgesamt offiziell 4), die das dann später mit unterschiedlichen Schwerpunkten festhalten wollten. (Da gibt es übrigens auch bereits lustige Unterschiede bei einzelnen Begebenheiten.)

Interessanter finde ich da ja die Briefe von verschiedenen Aposteln an diverse Gemeinden. Da ist mir die Begründung für die Kanonisierung nicht so ganz klar, da die in der Regel anlassbezogen waren, also konkreten Bezug hatten (z.B. warnt Paulus eine Gemeinde vor den falschen Lehren, die einige unter deren Gemeindemitgliedern verbreiten). Die Leute, die die Briefe geschrieben hatten, bzw. die Briefe selbst waren also irgendwie schon Teil eines Meinungseinhegungsprozess.

Dazu finde ich es noch wichtig zu bedenken, dass das in einer Zeit war, in der vieles durch mündliche Weitergabe ‚gespeichert‘ wurde. Da werden vermutlich Systeme der verlässlichen Weitergabe von Informationen etabliert gewesen sein, zumindest verlässlicher, als wir es uns heute vorstellen mögen in Anbetracht der Art, wie wir mit Quellen umgehen.

Soweit meine Antwort, die er wenig hilfreich fand, was neben meiner Ahnungslosigkeit und grober Spekuliererei vielleicht auch an der einengenden Perspektive der Fragestellung gelegen haben mag, die auf mich so wirkte, als ob zwingend ein Vergleich zu heutigen Auswahlverfahren von (wissenschaftlichen) Texten gezogen werden solle. Vielleicht ist es aber auch mal wieder ein typisches Missverständnis in der Herangehensweise, das in gänzlich unterschiedlichen Perspektiven oder Erwartungshaltungen von Wissen und Glauben begründet sein könnte.

Heute habe ich jemand anderen nochmals danach gefragt, der meinte, dass es im Mittelalter solche Konzile gegeben habe, auf denen das endgültig beschlossen worden sei. Ich vermute, dass wieder das Konzil von Nicäa gemeint war. (Ich habe oben die widersprechende Quelle ja schon verlinkt: „Immer wieder wird heute behauptet, dass diese Texte überhaupt erst im vierten Jahrhundert verboten worden wären. Vorher hätte man sie gleichwertig wie die vier neutestamentlichen Evangelien verwendet. Bereits aus sehr früher Zeit sind jedoch derartige Verbote einer Verwendung von apokryphen Schriften bekannt.“)

Woher die große Faszination an diesen Apokryphen kommt, worauf zum Beispiel Dan Browns Sakrileg basieren soll (ich habs nicht gelesen, auch nicht richtig geschaut, aber es geht wohl mal wieder um Maria Magdalena), kann ich mir nicht ganz erklären.

Für die mächtigste verschwörungstheoretische Frage halte ich übrigens: Was, wenn alles wahr wäre?