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Chronisch national

Wer am Montag die Rede des Außenministers der Türkei in Hamburg verfolgt hat, beispielsweise auf dem Sender ntv, hat feststellen können, wie wichtig es ihm war, die Größe der türkischen Republik hervorzuheben. Er nannte zum Beispiel die geplante dreistöckige Untertunnelung des Bosporus, den geplanten Ausbaus des Flughafens in Istanbul zum größten der Welt und den Bau einer verdammt großen Brücke, ob geplant oder bereits fertiggestellt, weiß ich nicht mehr. Mag auch Übersetzungsschwierigkeiten geschuldet sein. Ich fand diese von Größe durchdrungenen Töne beunruhigender als den oft zitierten Vorwurf, Deutschland verhalte sich systematisch feindselig gegenüber der Türkei.

Vielleicht ist das ja einfach ein anderer Menschenschlag oder dem Wahlkampfgetöse geschuldet. Die globalisierte Welt um mich scheint jedenfalls zusehends zu vergangen geglaubten Nationalismen zurückzukehren

Ich frage mich, warum der Einzelne das mitmacht. Vielleicht ist ihm angesichts der Informationsmenge schlicht das Gefühl für das Ferne abhanden gekommen und damit auch der Spiegel für die eigene gesellschaftliche Identität. Der Rückzug in die national überschaubare Behaglichkeit wäre dann die hilflose Reaktion auf das Nichtverarbeitenkönnen der globalen Berührung. Mauern als Schutz vor mehr Betroffenheit. Die Nation ist es also, auf das die einen wieder hoffen, wenn die anderen abstumpfen.

Je mehr berührt, desto weniger betroffen?

Ich weiß es nicht.